Sonntag, 26. April 2009

Tag 9 - I've got nothing to wear

London kennt keinen Sonntag. Sonntags ist Zeit um mal ausgiebig das Auto zu waschen, den Rasen zu mähen, Schuhe zu kaufen und auch sonst den ganzen Wocheneinkauf zu erledigen… die Geschäfte haben nämlich alle geöffnet.

Ich habs heute getan! Ich bin nach Bromley Town Hill gefahren, mit einem roten Doppeldecker. Gott, wie aufregend. Ich hätte mir fast die Zunge abgebissen, beim Versuch alle die hysterischen Jauchzer zu unterdrücken. Stattdessen saß ich mit einer dümmlichen Grinse oben ganz vorne im Doppeldecker Linie 269. Die Busfahrer rasen übrigens wie die Henker. Und weil die Straßen immer wieder eingebaute Höcker haben, die das Rasen verhindern sollen, überwindet man im Moment des Absprungs jedes Mal für einen Moment die Schwerkraft und wird dann aber mit dem doppelten Gewicht wieder in den Sitz zurück geschleudert. Abenteuerlich!



Bromley ist super! Shoppen, shoppen, shoppen! Ich hab mir ein paar Läden gleich mal für Ines gemerkt, sie wird sie lieben!



Hah, da ist er wieder, der Ordnungssinn der Briten. Vor den Umkleidekabinen wird brav Schlange gestanden, bis man von einem Kabineneinweiser in die Kabine eingewiesen wird. Man bekommt einen kleinen Bon, auf dem die Anzahl der Kleidungsstücke steht, die man zum Anprobieren mitgenommen hat. Man darf nicht vergessen ihn wieder abzugeben, wenn man die Kabine verlässt. Und auch die Klamotten werden durchgezählt.

Ich glaube der Job als Kabineneinweiser ist für Männer noch undankbarer als Schuhverkäufer.

Shoppen ist billig billig billig. Und das Britische Pfund ist wirklich am Boden… im wahrsten Sinne des Wortes: Ich hab fast schon ein ganzes Pfund auf der Straße zusammengesammelt. Viele Menschen scheinen überflüssiges Kleingeld einfach wegzuschmeißen. Hallo? Mir solls Recht sein, davon kauf ich Schokolade.

Ich hab ne Menge Fotos von Bromley gemacht, weil es dort so nette Gebäude gibt. Ja, über zu wenig Laufkilometer… nee… Laufmeilen… kann ich mich heute wieder nicht beschweren. Ich bin jede Straße doppelt abgelaufen um auch ganz genau die Orientierung zu behalten. Der Stadtteil ist doch ein wenig weitläufiger (Gott, merkt ihr eigentlich, was für geniale Kalauer ich hier verstreue?) als Bexleyheath, das ich am Freitag unsicher gemacht habe.



Fachwerkhäuser!







Das ist eine winzige Kirche zwischen einem Restaurant und einem Piercing & Tattoo Shop.



Ich les aus Versehen immer TOILET statt TO LET





Natürlich war ich auch wieder in einem Pub. Vielleicht kann ich irgendwann mal den London Pubführer schreiben und reich damit werden.



„The Railway“ war bisher der beste Pub! Ich hab mich eigentlich nur deswegen dafür entschieden, weil ich im Vorbeilaufen gehört habe, dass THE CLASH lief. Woha, die sind Hammer! Sie gehören zu den Grundsteinen der Punkrockbewegung. Ein absolutes Musthave-Album: London Calling (Ich werde für diese Schleichwerbung leider nicht bezahlt)

Zum Sound von „Guns of Brixton“ bin ich also einmarschiert und war gleich begeistert. Dunkle Holzmöbel… blablabla… wieder jeder Pub halt… aber tolle, gemütliche Dekoration. Eine Menge gerahmter Schallplatten (Jimi Hendrix, ZZ Top, Ozzy Osbourne) machten gleich darauf aufmerksam, dass es sich hier wohl um eine Art Rockschuppen handelte. Und tatsächlich hatten sich am Tresen ein paar angegraute Altrocker versammelt, mit Sonnenbrillen und VoKuHiLas.

Irgendwie war das ganze Publikum ein wenig freakig. Der Barkeeper trug eine weite Campingklo-Hose (die mit dem Arsch in den Kniekehlen) und auf dem Kopf eine Art graue Schlumpfmütze. Am Handgelenk hatte er ein Hanfblatt tätowiert. Irgendwo an einem Tisch saßen zwei Gruftis in schwarzen Lederlackkostümen und schauten so traurig wie möglich. Dann gabs noch ein paar bunte Vögel in bunten Hawaiihemden, Shorts und Sandalen, die ihr Bier aus gigantischen Gläsern mit dem Volumen eines Pitchers tranken. Nüchtern war von denen niemand mehr ^^

Es gab auch eine Art Mother & Toddler Playgroup. Während die Männer alle am Tresen saßen, hatten sich die Frauen mit ihren Kleinkindern in einer Ecke zusammengerottet. Der mehrköpfige Drache… aaaaaaah! Ich hab großen Abstand gehalten.

The Railway hat jedenfalls wechselndes Programm am Abend. Einmal die Woche Livemusik, manchmal DJ’s… und es gibt Jam-Sessions! Da will ich auf jeden Fall wieder hin. Es wird nur langsam Zeit mal ein paar Leute kennenzulernen, die ich mitnehmen könnte. Heute haben sich die Briten wieder von ihrer verschlossenen Seite gezeigt… und die nicht Verschlossenen waren mir zu besoffen. Ich hab kein Problem damit, alleine in den Pub zu gehen… aber es ist auf Dauer öde.

Mal sehen, was sich im Sprachkurs ergibt. Ich hab das „College“ zwar gefunden… aber irgendwie scheint das Stockwerk von unten ziemlich leer auszusehen. Ruft deshalb niemand zurück? Ich werd mal wieder hinfahren wenn Geschäftszeit ist, und den Laden einfach stürmen.

Ansonsten hab ich im Internet eine Meet-Up-Seite gefunden. Es gibt verschiedene Interessengebiete, und diese Leute treffen sich dann irgendwo in London, ohne sich vorher zu kennen. Nur hab ich keine Lust, aus Versehen bei einem Meetup von „Wir essen uns gegenseitig“ zu landen, nur weil ich was falsch verstehe.



Nach zwei Pint Foster’s bin ich wieder nach Hause gefahren. Wieder Doppeldecker, wieder aufgeregt zappelnd oben ganz vorne. Bei einer Vollbremsung mit Beinahe-Auffahrunfall bin ich mal kurz gegen die Scheibe geklatscht wie so ein Insekt. Muss von außen lustig ausgesehen haben. Die spinnen, die Busfahrer.

So, morgen bin ich auch noch off. Ich muss erst am Dienstag wieder „arbeiten“, dafür aber einer dieser langen 12-Stunden-Tage mit 6x Schulweg. Davon hab ich diese Woche zwei, nächste Woche keinen und übernächste Woche drei. Aber es kann noch so viel Unvorhergesehenes dazwischen kommen (die family magendarmt immer noch), dass ich einfach mal abwarte was sich so ergibt.

2 Kommentare:

  1. hihi, kein Wunder das Du das ganze Geld findest, ist ja bei Dir schon fast auf Augenhöhe*gggg*

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  2. habe deinen Blog heute entdeckt und ich liiiieebe deinen Schreibstil :-)

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